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Wie geht das im Kindergarten mit Kindern, die noch Windeln tragen?
Lesen Sie zu diesem Them den Blog der Eduatio
(publiziert: 08.04.2022)
Sind Znünivorschriften im Kindergarten oder in der Schule rechtens?
Lesen Sie zu diesem Thema den Blog der Educatio.
(publiziert: 31.08.2020)
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(publiziert: 02.10.2017)
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(aktualisiert: 27.10.2017)
Handreichung Kindergarten
Das Volksschulamt der Bildungsdrektion hat im Rahmen der Umsetzung zum neuen Volksschulgesetz eine Handreichung für den Kindergarten erstellt, welche Infos und Erläuterungen zum kantonalisierten Kindergarten enthält. (Autorin der Handreichung: Marlies Stopper)Haftung im
Kindergarten
(illustriert am Beispiel Waldkindergarten)
Waldkindergarten ohne Begleitpersonen - Regressgefahr
im Haftpflichtfall
I. Vorbemerkung
Nachfolgend ist keine Neuregelung publiziert. Vielmehr werden
am Beispiel
des Waldkindergarten die seit Jahren im Kanton Zürich
geltenden Normen des
Haftungsgesetzes in Erinnerung gerufen. In andern Kantonen sind die
Normen
ihrer jeweiligen Haftungs- bzw. Verantwortlichkeitsgesetze massgebend.
In unzähligen Kindergärten des Kantons
Zürich erfolgt der Unterricht
mindestens einmal pro Woche im Wald. Der pädagogische Wert
dieser
Unterrichtsform ist unbestritten und zu unterstützen. Weil der
Kindergartenunterricht jedoch ausserhalb des gewohnten und gesicherten
Kindergartenareals erfolgt, gehört es zur allgemeinen
Sorgfaltspflicht, den
Besonderheiten dieser Unterrichtsform mit zusätzlichen
Sicherheitsvorkehrungen
Rechnung zu tragen. Werden solche Sorgfaltspflichten verletzt,
können Haftungsfälle entstehen. Bei
grobfahrlässig oder vorsätzlich verursachten
Schäden kann im Kanton
Zürich Rückgriff auf die Person, die den
Schaden vorsätzlich oder
grobfahrlässig verschuldet hat.
II. Rechtsgrundlagen
Für den Kindergarten im Kanton Zürich
existieren kaum Spezialnormen. Es
fehlen beispielsweise Bestimmungen, die die verschiedenen
Organisationsformen
regeln. Das hat zur Folge, dass die Ausgestaltung der
Organisationsformen gänzlich
den Gemeinden überlassen ist.
Unabhängig davon, ob eine Gemeinde Spezialnormen
erlassen hat oder nicht,
liegt es in der Pflicht der Kindergartenlehrpersonen, dass sie ihre
Arbeit nach
bestem Wissen und Gewissen und unter Einhaltung der allgemeinen
Sorgfaltspflichten
ausüben. Die Gemeinde ihrerseits übernimmt zum
Schutze der
Kindergartenlehrpersonen die Haftung im Schadensfall. Die
Rechtsgrundlage
hierfür findet sich im kantonalen Haftungsgesetz (Gesetz
über die Haftung des
Staates und der Gemeinden sowie ihrer Behörden und Beamten LS
170.1).
Wichtige
Bestimmungen des im Kanton Zürich
geltenden Haftungsgesetzes
- Geltungsbereich
Das Haftungsgesetz gilt für alle kantonalen und
kommunalen, vollamtlich,
nebenamtlich oder teilzeitlich tätigen Behörden und
Angestellten. Gemäss
Weisung zum Haftungsgesetz haftet der Staat auch für
freiwillige Helfer bei
Klassenlagern, Schulreisen, etc. (Amtsblatt des Kantons Zürich
1988 S. 1724).
Kindergärtnerinnen sind kommunale Angestellte und
somit von diesem Gesetz
erfasst. Für Begleitpersonen in den Wald, zum Schwimmbad oder
auf Spaziergänge
etc. gilt dieses Gesetz ebenfalls.
- Das
Gesetz findet keine Anwendung, wenn bundesrechtliche oder kantonale
Spezialbestimmungen die Haftung regeln (§5).
Da für den Kindergarten keine kantonalen
Spezialbestimmungen die Haftung
regeln, gilt somit das obgenannte Haftungsgesetz.
- Haftung
des Gemeinwesens (Kanton oder Gemeinden) für
Schädigung Dritter (§ 6)
Gemäss § 6 haftet das Gemeinwesen
für den Schaden, den eine angestellte
Person oder ein Behördemitglied in Ausübung amtlicher
Verrichtung einem Dritten
widerrechtlich zufügt. Demzufolge muss im Schadensfall
(Personen- oder
Sachschaden) eine geschädigte Drittperson seine
Schadenersatzansprüche beim
Gemeinwesen geltend machen. Die angestellte Person oder das
Behördemitglied,
das den Schaden verursacht hat, erhält dadurch Schutz vom
Gemeinwesen.
- Haftung
für Schädigung des Gemeinwesens (§ 14)
Öffentlichrechtlich angestellte Personen oder
Behördemitglieder, die dem
Gemeinwesen durch vorsätzliche oder grobfahrlässige
Verletzung der Amtspflicht
Schaden zugefügt haben, haften dem Gemeinwesen für
diesen Schaden. Haben
mehrere Personen den Schaden verursacht, haften sie bei Vorsatz
solidarisch,
bei Grobfahrlässigkeit anteilsmässig nach der
Grösse des Verschuldens.
Diese Norm gibt dem Gemeinwesen das Recht, seine Angestellten
und
Behördemitglieder, die durch vorsätzliche oder
grobfahrlässige Verletzung ihrer
Amtspflicht einen Schaden verursachen, schadenersatzpflichtig zu machen.
- Rückgriff,
wenn Schaden vorsätzlich oder grobfahrlässig
verschuldet ist (§15)
Hat das Gemeinwesen einem geschädigten Dritten
Schadenersatz leisten müssen,
steht ihm der Rückgriff auf das Behördemitglied oder
die öffentlichrechtlich
angestellte Person zu, die den Schaden vorsätzlich oder
grobfahrlässig
verschuldet hat.
III. Anwendung der Haftpflichtregeln am Beispiel des Waldkindergartens
Für eine öffentlichrechtlich angestellte
Kindergartenlehrperson haftet
grundsätzlich und in erster Linie die Gemeinde, wenn eine
Drittperson einen
Körper- oder Sachschaden erleidet, den die
Kindergartenlehrperson - innerhalb
oder ausserhalb des Kindergartenareals - in Ausübung ihrer
Unterrichtstätigkeit
verschuldet hat. Die Gemeinde hat für solche Fälle
eine Haftpflichtversicherung
abgeschlossen.
Als Drittpersonen gelten nicht nur aussenstehende Personen,
sondern auch die
Kindergartenkinder. Juristisch gelten Kindergartenkinder wegen ihres
jungen
Alters als nicht urteilsfähig. Sie tragen demzufolge auch
keine eigene
Verantwortung und kein Verschulden. Die gesamte Verantwortung liegt bei
der
Kindergartenlehrperson. Daraus ergibt sich auch das Erfordernis, dass
Kindergartenkinder der ständigen Aufsicht bedürfen.
Tritt ein Schadensfall ein, wird geprüft, ob die
schadensverursachende
Person - d.h. die Kindergartenlehrperson - eine schwere Amts- bzw.
Sorgfaltspflichtverletzung begangen hat, die einen Rückgriff
auf sie begründet.
Zu den Sorgfaltspflichten der Kindergartenlehrpersonen
gehören im Sinne von
Sicherheitsvorkehrungen, die dem Alter der Kinder und der im Einzelfall
vorliegenden Gruppenzusammensetzung angemessen sind, u.a.:
- Sicherer Weg in den Wald und
zurück
- Das ausgewählte Waldgebiet, in dem die Kinder sich
aufhalten, ist generell
ungefährlich.
- Die Kinder sind immer beaufsichtigt.
- Im Notfall können die Kinder angemessen versorgt
und betreut werden
- Die Kindergartenlehrperson und die Begleitperson kennen
spezifische
Besonderheiten der einzelnen Kinder (z.B.
Verhaltensauffälligkeiten etc.) der
Gruppe
Die meisten Sicherheitsvorkehrungen können von den
Kindergartenlehrpersonen
allein garantiert werden, so z.B. begleiteter gemeinsamer Hin- und
Rückweg oder
Wahl des Waldgebietes und einen stufengemässen Unterricht im
Wald. Eine
Notfallapotheke und das Mitführen eines Handys (sofern die
Verbindung klappt)
sichern ebenfalls gewisse Risiken ab. Die Kindergartenlehrperson ist
aber nicht
in der Lage, ohne Begleitperson sicher zu stellen, dass die Kinder nie
unbeaufsichtigt sind. Ein Kindergartenkind, das durchbrennt und in der
Folge
verunglückt, trägt aufgrund des jungen Alters weder
Schuld noch Verantwortung.
Es bedarf der ständigen Aufsicht und darf deshalb nie allein
gelassen werden.
Die Kindergartenlehrperson muss einem entlaufenen Kind sofort folgen.
Tut sie es
nicht, begeht sie eine grobe Pflichtverletzung. Fehlt eine
Begleitperson, gerät
die Kindergartenlehrperson in ein Dilemma, denn sie kann dem
entlaufenen Kind
nur sofort folgen, wenn sie die übrige Gruppe pflichtwidrig
verlässt, was
wiederum eine schwere Pflichtverletzung darstellen kann. Das Fehlen
einer
Begleitperson kann somit als schwere Pflichtverletzung und somit als
Grobfahrlässigkeit beurteilt werden. Gemäss
§ 15 des Haftungsgesetzes wäre das
ein Regressgrund. D.h. die Kindergartenlehrperson müsste
für den Schaden selbst
aufkommen.
Schliesslich bleibt auch zu prüfen, ob noch weitere
Personen ein
Mitverschulden tragen. Hier fallen hauptsächlich die
Schulbehörden in Betracht.
Weiss die Schulbehörde davon, dass die Kindergartenlehrperson
ihren Unterricht
teilweise in den Wald verlegt, ohne sämtliche
Sorgfaltspflichten einzuhalten
(z.B. Unterricht im Wald ohne Begleitperson), macht sich die
Behörde
mitschuldig. Gemäss Haftungsgesetz ist der Rückgriff
bei vorsätzlichem oder
grobfahrlässigem Verschulden auch auf die "mitbeteiligte"
Behörde
vorgesehen.
Fazit:
Das Fehlen einer Begleitperson stellt im Schadensfall somit ein Regressrisiko für Kindergartenlehrperson und Schulbehörde dar.
IV. Vorsicht vor Selbsttäuschung
Die Haftungsregeln gelten grundsätzlich für das gesamte Handeln im Kindergarten. Es wäre eine Selbsttäuschung, wenn man glaubt, das Regressrisiko ausschalten zu können, indem man dem fraglichen Unterrichtsteil eine andere Deklaration, z.B. Waldspaziergang statt Waldkindergarten, verpasst. Im Haftpflichtfall wird immer der Einzelfall, d.h. die in Bezug auf den Vorfall konkreten Umstände geprüft. Dabei wird untersucht, ob die verantwortliche Lehrperson alle nötigen Sorgfaltspflichten erfüllt hat. Wie bereits gesagt, fallen darunter Sicherheitsvorkehrungen, welche z.B. das Alter der Kinder, die aktuelle Zusammensetzung der Kindergruppe, stufengerechter Unterricht, etc. berücksichtigen. Beispiel: Wenn ein sehr verhaltensauffälliges Kind, das infolge seiner bekannten Hyperaktivität unterwegs aus dem Gruppenverband ausschert, einen Unfall verursacht, ist es nicht relevant, ob der Vorfall auf dem Weg in den Wald oder auf einem Spaziergang erfolgt ist. Ebenso wenig ist die Frage nach einer Begleitperson relevant. Vielmehr wird man sich fragen, weshalb die Kindergärtnerin das Kind nicht selbst an die Hand genommen hat.
V. Schlussbemerkung
Das Haftungsgesetz lässt den Rückgriff nur
im Falle von grobem
Selbstverschulden oder bei Vorsatz zu. Vorsätzliches Handeln
setzt Wissen und Willen
voraus und wird in den wenigsten Fällen zutreffen. Die meisten
Fälle erfolgen
unbeabsichtigt, d.h. fahrlässig. Leichtes oder mittleres
Selbstverschulden
begründet dabei keine Haftung und keinen Rückgriff.
Nur grobes
Selbstverschulden ist relevant. Es setzt ein Verhalten voraus, zu dem
man sich
landläufig die Frage stellen kann "Wie konnte man nur so
handeln?!"
Beispiel: Wie konnte man nur mit so jungen Kindern, die der
ständigen Aufsicht
bedürfen, allein in den Wald oder ins Schwimmbad gehen?!
Sorgfaltspflichtverletzungen
lassen sich in der Regel mit einfachen Massnahmen vermeiden.
(publiziert am 23.
März 2002/M. Stopper)
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